Das Museum für bäuerliche Kultur in Prossenicco wurde im Erdgeschoss des ehemaligen Pfarrhauses im Rahmen des grenzüberschreitenden Projekts ZBORZBIRK von der Gemeinde Taipana eingerichtet. Einige der hier beschriebenen oder erwähnten Objekte werden auch in der Ausstellung im Rathaus von Taipana gezeigt.
Raum 1. Die Heuernte.
Beim Eintreten ins Museum sind an der linken Seite des Ganges verschiedene zur Heumahd verwendete Geräte ausgestellt.
Zu sehen sind Sensenblätter und Werkzeuge, die zum Schärfen verwendet wurden. Die Wetzsteine bestanden aus einem an einem hölzernen Griff befestigten Schleifstein. Für gewöhnlich hatte jeder Mäher einen Kumpf am Gürtel hängen, in dem sich der Wetzstein befand. Einige Kumpfe hatten am Boden zwei Zapfen, mit denen sie in die Erde gesteckt werden konnten.
Zum Dengeln des Sensenblattes beziehungsweise zum Ausklopfen der Kerben und Unebenheiten wurden Amboss und Hammer verwendet. Der Amboss ähnelt einem großen Nagel mit einem nach oben hin dicker werdenden Kopf, der symmetrisch abgeschrägt ist und eine abgerundete Kante bildet. Die andere Seite ist spitz und wird in die Erde gesteckt.
Das Mähen der Wiesen rund um das Dorf fand zweimal statt: im Juni und September. Tagsüber wurde das gemähte Gras gewendet, um es vollständig zu trocknen. Dazu wurden die Rechen verwendet. Am Abend wurde das Heu ins Dorf gebracht. Wenn die Felder weiter entfernt waren, wurden Garben gebunden: das Foto an der Wand zeigt ein Beispiel. Der Transport erfolgte auf unterschiedliche Weise. Für gewöhnlich auf den Schultern, wobei das Heu auf die Rückentrage geladen wurde, oder es wurde eine Ladung Heu vorbereitet, die von Stricken zusammengehalten wurde. Die Stricke wurden mit Hilfe von Haken gespannt. Das Heubündel wurde dann auf dem Kopf transportiert. Erst in jüngerer Zeit, in den 1950er Jahren wurden für den Transport von Heubündeln oder Baumstämmen aus weiter entfernten und steilen Gebieten Transportseilbahnen gebaut.
Weitere Geräte zur Bearbeitung des Landes befinden sich an der Wand am Ende des Gangs: Das Foto zeigt Männer, Frauen und Kinder, die am Bau der Straße zur Brücke „Ponte Vittorio“ beteiligt waren, die zwischen 1918 und 1920 fertiggestellt wurde: Bei ihrer Errichtung arbeiteten auch 12-jährige Mädchen mit, die barfuß halfen, den Kies auf die Trasse zu bringen.
Raum 2. Arbeiten für den Lebensunterhalt.
Im Dorf wurden bis zu den Jahren vor dem Erdbeben von 1976 Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe, Geflügel und Kaninchen gezüchtet. Obwohl viele Felder bewirtschaftet wurden, gab es immer zu wenig zum Essen und die Kinder gingen oft nach Longo/Logje, um Rüben und Karotten zu stehlen, um etwas in den Magen zu bekommen.
Die Milchkühe blieben meist im Stall, die anderen Rinder hingegen wurden während der Sommermonate auf die Weiden in der Nähe der Flüsse oder der Wasserquellen gebracht, wo auch Sennereien errichtet wurden.
Die Dorfmolkerei wurde bereits in den 1950er Jahren geschlossen. Die Familien organisierten sich in kompanje, in Gruppen von Familien, die bei der Käseherstellung zusammenarbeiteten. Abwechselnd stellte eine Familie der Genossenschaft den Käse auch aus der von den anderen gelieferten Milch her, die dann in der gleichen Menge zurückgegeben werden musste.
Im Raum ist eine Abtropfvorrichtung für den Käse ausgestellt: Es handelt sich um eine Holzscheibe mit einem hölzernen Auslauf zum Abfließen der bei der Verdichtung des Käses entstehenden Molke.
Es gibt auch einige Butterfässer, die für die Herstellung von Butter verwendet wurden. Das Butterfass ist ein mit Dauben gefertigter zylinderförmiger Behälter. Der mit einem Griff ausgestattete Deckel hat eine Ausnehmung in der Mitte, durch die der Stößel gesteckt wurde, der am oberen Ende einen Griff und am unteren Ende im Zylinder eine Holzscheibe hatte, deren Durchmesser etwas kleiner als jener der Innenseite des Zylinders war. Sobald der auf der Milch schwimmende Rahm im Fass war, wurde der Zylinder mit dem Deckel geschlossen und man begann mit der Auf- und Abbewegung des Stößels. Zum Buttern waren einige Stunden dauernder Bewegung erforderlich.
Wenn die Schweine geschlachtet wurden, wurden auch die Borsten, die Haare, die ihren Rücken bedeckten, gesammelt und an fahrende Händler verkauft. Im Gegenzug wurden Nähgarnspulen und Nadeln gekauft.
In diesem Raum sind auch einige Werkzeuge zum Spinnen von Wolle ausgestellt. Die Wolle wurde gekämmt und mit Hilfe der Karde oder Kardätsche gekrempelt. Diese besteht aus zwei Holzbrettchen mit einer Reihe von Drahtstiften, die auf einer Seite befestigt sind. Eines der Holzbrettchen ist auf einem Holzkasten am Ende des Scherbockes befestigt, auf dem die Person saß.
Das Spinnen erfolgte entweder mit dem Spinnrocken oder mit der aufwändigeren Methode mit dem Spinnrad.
Es gibt zwei Arten von Spinnrädern: die mit dem horizontalen und die mit dem vertikalen Rahmengestell. Eine weitere Variante ist jene mit dem Schwungrad, das Speichen haben oder voll sein kann. Häufig wurden die beiden Fäden mit dem Spinnrad verzwirnt, damit die Wolle widerstandsfähiger und fester wird.
Der Wollfaden wurde mit der Drehhaspel zu einer Strange aufgewickelt: Das ausgestellte Exemplar besteht aus einer Halterung, welche die beiden vertikalen Bretter hält, auf denen ein Querbrett aufliegt. Mit diesem sind zwei in der Mitte gekreuzte Speichen verbunden. Das Gerät wurde händisch mit einer Holzkurbel bedient.
In der Nähe von Wasserläufen wurde auch Hanf für das Weben von Stoffen angebaut. Nachdem die Hanfbündel an der Sonne getrocknet waren, wurden sie durch grobe Eisenkämme gezogen, um die Samenkapseln abzustreifen. Die Bündel wurden dann in einem Wasserbecken eingeweicht, die in der Nähe der Mühlen errichtet wurden, von denen es sechs in Prossenicco gab. Schließlich wurden die Bündel gebrochen, von holzigen Teilen befreit, geschwungen und neuerlich gekämmt.
Das Brecheln erfolgte mit der Hanfbreche, einem Werkzeug, das aus zwei Teilen bestand, die ineinander passten und durch einen Stift zusammengehalten wurden. Die quer auf den Schwingstock aufgelegten Hanfstängel wurden mit dem als Schwingmesser bezeichneten Brett, das mit einem Griff manuell angehoben wurde, kräftig geschlagen. Das hatte den Zweck die Pflanzenfasern zu trennen und sie geschmeidig zu machen.
Um sich vor winterlicher Kälte und schlechtem Wetter zu schützen, lernten die Menschen eine Art Jacke herzustellen, im slowenischen Dialekt mzlana genannt, in die der Bast der Lindenrinde eingearbeitet wurde.
Eine wichtige Quelle zur Sicherung der Lebensgrundlage war für die Bewohner von Prossenicco der Holzeinschlag in den Wäldern, der vor allem während des Winters erfolgte.
Für den Transport des Holzes wurde die hohe Wasserführung von Namlem und Lerada, Zuflüsse des Natisone, genutzt.
Um zu überprüfen, ob der Wasserdurchfluss für das Triften ausreichend war, wurde ein kleiner Stamm ins Wasser geworfen: blieb er über Wasser und wurde er von der Strömung mitgenommen, ließ man auch die großen Stämme ins Wasser rutschen. Andernfalls wurde der nächste Neumond abgewartet.
Der Rundholztransport aus entlegenen Gebieten, der nicht über das Flößen erfolgen konnte, wurde auf Schultern bewältigt: Dazu waren zehn Menschen, möglichst von gleicher Größe, nötig.
Um den Stamm wurden Seile gebunden, die über die Schultern der zu beiden Seiten des Stammes verteilten Träger geführt wurden. Das Holz wurde zum Teil verkauft, teils zum Heizen und Kochen und teils zur Herstellung von Werkzeugen oder Haushaltsgeräten verwendet. In diesem Raum ist auch eine Bank ausgestellt, die mit einem mit dem Fuß bedienbaren Schraubstock ausgestattet ist. Sobald das Stück Holz im Schraubstock gespannt war, schnitzte der auf der Bank sitzende Zimmermann beispielsweise einen Holzschuh.
Eine weitere Tätigkeit in Prossenicco und im Cornappo-Tal war die kuta oder Köhlerei: dabei errichtete man in einer Grube einen Holzhaufen, der mit Erde und feuchten Blättern bedeckt wurde. Am oberen Ende war eine Öffnung, die den Abzug der bei der Verbrennung entstehenden Gase ermöglichte. Die Kohlenmeiler mussten Tag und Nacht bewacht werden, um sicherzustellen, dass sie nicht Feuer fingen. Dafür wurden behelfsmäßig Hütten gebaut, wo man sich ausruhen konnte und Schutz bei Schlechtwetter fand. Auch Kinder wurden mit dieser Aufgabe betraut, damit sich Erwachsene anderen Dingen widmen konnten. Die in Säcken gesammelte Kohle wurde auf dem Rücken auf den Plan del Jof gebracht, wo sich die Händler des Talbodens einfanden, um sie zu kaufen oder zu tauschen.
Eine weitere praktizierte Aktivität, war das Auslegen von Fallen für Siebenschläfer in den Wäldern. Ihr Fell war gesucht und entsprach in Bargeld dem Wert einer Flasche Wein. Darüber hinaus war ihr Fleisch, das zusammen mit Polenta gegessen wurde, als Köstlichkeit bekannt. Gejagt wurde auch der Marder wegen seines kostbaren Fells, das gleich viel wert war wie eine Kuh: Ihn zu fangen, war aber wesentlich komplizierter.
Die Frauen hingegen gingen auf den Berg Mia, um Walderdbeeren zu sammeln. Dazu brachen sie gegen zwei Uhr morgens von Prossenicco auf aus. Die Erdbeeren wurden in Eimern, die an den zwei Haken an den Enden des Holzjoches eingehängt waren, ins Dorf getragen. Dieses Joch wurde auch zum Tragen von Quellwasser verwendet.
Am Nachmittag wurden die Erdbeeren sortiert, um sie am nächsten Tag auf den Märkten von Udine – ein Fußmarsch von über 40 km – zu verkaufen.
In Prossenicco gab es auch zwei Ziegelbrennöfen, wo hauptsächlich Dachziegel hergestellt wurden. Auf den Schultern getragen, wurden sie in den umliegenden Dörfern verkauft.
Raum 3. Der Pust.
Der andere Raum des Museums ist dem Pust gewidmet, einer besonders beliebten Karnevalsfeier in dieser Region. Umzüge in Masken wurden organisiert: Die Frauen arbeiteten ganze Nächte, um die Karnevalskleider aus alten Laken und diverser Wäsche zu nähen.
Zwei Dörfer, Uoslanj und Petočanj, befanden sich im Wettstreit, wer den Umzug mit den charakteristischsten und lustigsten Kostümen organisierte. Kurios war, als sich in den 1960er Jahren drei Männer aus Uoslanj als Kuh verkleideten. Unter einem Fell versteckt, bewegte vorne einer den Kopf, ein anderer trug hinten eine Schweinsblase, die für den Fall, dass sich eine Frau näherte und vorgab melken zu wollen, mit einer Flasche Milch gefüllt war.
Während des Karnevals organisierten die Jugendlichen verschiedener Dörfer Tänze auf den Heuböden einiger Dorfbewohner: Um die Besitzer und die Musikanten zu entschädigen, boten sich die Burschen an, einige Tage lang den Mist mit Schlitten oder Körben wegzubringen.
Am vorletzten Tag des Karnevals ging für gewöhnlich eine Gruppe von Jugendlichen mit dem Akkordeon von Haus zu Haus und bekam im Gegenzug, was die Familien anbieten konnten. Am Ende des Tages versammelten sich die jungen Leute in einer Scheune, feierten und konsumierten, was sie bekommen hatten.
Am Faschingsdienstag wurde der Umzug des Pust inszeniert. Seine Gestalt wurde von einem ausgelassenen jungen Mann dargestellt, der durch das Dorf zog, den Mädchen nachstellte und alles stahl, was ihm nützlich sein konnte. Er wurde jedoch verhaftet, und auf verschiedenen Plätzen des Dorfes wurde ihm der Prozess gemacht. Dort gab es den Richter, die Gendarmen und die Zeugen. Das gesamte Publikum nahm aktiv daran teil. Die Inszenierung endete mit dem Todesurteil des Gauners Pust. Dann aber riefen die Kinder: „Pust je šu tju Milan, ne pride no leto en den dan!“ (Der Karneval ist nach Mailand gegangen und kommt für ein Jahr und einen Tag nicht zurück).
Raum 4.
Im letzten Raum können Sie in einem Film Schilderungen einiger Dorfbewohner über das Leben von anno dazumal sehen und auch Aufnahmen alter Gesänge in slowenischer Sprache hören, die von den Schwestern Evelina und Franca Melissa aus Prossenicco sowie von Gianna Platischis aus Platischis interpretiert werden.
Die Kirche von Prossenicco.
Das Dorf Prossenicco wird in der Schenkung von Vodolrico d’Atems, dem ehemaligen Markgrafen der Toskana, angeführt, die am 2. Februar 1170 in der Basilika von Aquileia an den Patriarchen Ulrich von Treffen erfolgte, der sie im Namen seiner Kirche annahm. Der Ort wird im Dokument Prosenich genannt.
Der Ortsname Prossenicco, im Slowenischen Prosnid, wird in einem Dokument aus dem Jahr 1329 erstmals schriftlich erwähnt. Er leitet sich vom slowenischen proso (Hirse) ab und folglich ist Prossenicco „der Ort, an dem Hirse angebaut wird“.
Die Gemeinschaft beschloss, ihre eigene Kirche im 15. Jahrhundert mit dem Titel der Heiligen Leonhard, Margherita und Johannes zu bauen.
Ende 1400 gab es die Einfälle der Türken, dann den Krieg zwischen Venedig und dem Reich in den Jahren 1507–1517 und im Jahr 1511 ein verheerendes Erdbeben. Wahrscheinlich war die erste Kirche im Dorf während eines dieser Ereignisse zerstört und in der Mitte des 15. Jahrhunderts wieder aufgebaut worden.
Im 18. Jahrhundert setzte die Gemeinschaft einen Priester ein und begann mit der nötigen Restaurierung ihrer Kirche.
Nach einigen Erweiterungsarbeiten wurde 1836 die Kirche von Prossenicco zur Sakralkirche ernannt.
Im Jahr 1850 wurde die alte Kirche teilweise abgerissen und mit Arbeiten begonnen, die sie größer und sicherer machen sollten. Die Arbeiten wurden 1853 abgeschlossen. Das Gebäude wurde durch das Erdbeben im Jahr 1976 schwer beschädigt, danach renoviert und wieder für den Gottesdienst eingerichtet.
Die Pfarre Prossenicco ist dem Heiligen Leonhard geweiht, während die Kirche den Heiligen Hermagoras und Fortunatus geweiht ist.
Der Glockenturm wurde im Jahr 1898 fertiggestellt. Als die Glocken aufgehängt wurden, gab es einen Streit zwischen den Bewohnern der Dörfer Uoslanj und Patok, weil beide forderten, dass die größere Glocke in Richtung ihres Dorfes schauen sollte. Am Ende war sie zum Dorf Uoslanj ausgerichtet, wo wir sie heute sehen. Die große Glocke ist dem Hl. Leonhard, die mittlere dem Hl. Hermagoras und die kleine dem Hl. Rochus geweiht.
Im Inneren der Kirche können wir die außergewöhnliche Statue der Rosenkranzmadonna bewundern, die in farbenprächtige Kleider aus kostbaren Stoffen gehüllt ist.
Das große Deckenfresko zeigt eine Darstellung von Mariä Himmelfahrt mit den Seraphim und Cherubim. Nach dem Erdbeben wurde das Werk durch das vom Dach her einsickernde Wasser fast vollständig zerstört. Später wurde das Gemälde restauriert, allerdings war das Ergebnis wenig zufriedenstellend.
Der Kreuzweg weist slowenische Inschriften auf. Als Mussolini 1933 den Gebrauch der slowenischen Sprache in den Kirchen verboten hatte, musste der Kreuzweg entfernt werden. Er wurde von Gemeindemitgliedern bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs versteckt.
Einige herausragende Priesterpersönlichkeiten.
Die Gemeinde Taipana kann sich als Geburtsort vieler Priester rühmen, die sich in ihrer pastoralen Arbeit durch die Bewahrung kultureller und sprachlicher Rechte der lokalen slowenischen Bevölkerung ausgezeichnet haben. Lobenswert ist die Initiative der Einwohner von Platischis, die 1980 an der Fassade der Pfarrkirche eine Gedenktafel mit den Namen der in der Region geborenen Priester angebracht haben.
Beispielhaft handelten zwei Priester: Don Antonio Cuffolo aus Platischis, der 1920 in Lasiz (heute Gemeinde Pulfero) zum Kaplan sowie Don Giuseppe Cramaro aus Prossenicco, der 1933 zum Kaplan von Antro (Gemeinde Pulfero) ernannt wurde.
Am 16. August 1933 wurden diese und andere Mitbrüder nach San Pietro al Natisone gerufen, wo ihnen der Leutnant der Carabinieri die Mitteilung vom Verbot des Gebrauchs slowenischer Lieder, Gebete und der Lehre des Katechismus machte. Am Tag darauf wandten sich die Priester an den Erzbischof von Udine, Mons. Giuseppe Nogara, und protestierten gegen die Maßnahme des faschistischen Regimes, allerdings ohne eine Antwort zu bekommen.
Als die Carabinieri damit begannen, in den Pfarrhäusern und Häusern slowenische Gebetsbücher zu beschlagnahmen, versteckte Don Cuffolo diese in der Nacht und entzog sich der Verhaftung durch Flucht zum Erzbischof. Don Cramaro und andere Priester aus den Natisone-Tälern schrieben Papst Pius XI. und klagten: „Es kam vor, dass in den Familien, in denen der Rosenkranz jeden Abend auf Slowenisch gebetet wird, einschüchternde und gottlose Agenten auftauchten und mit Anzeigen drohten, sollten sie mit diesen Gebeten nicht aufhören. Es kam vor, dass Kinder, die von ihren Eltern aufgefordert wurden, die Gebete in ihrer eigenen Sprache zu beten, sich weigerten und erklärten, ihre eigenen Eltern zu denunzieren, wenn diese sie weiterhin auf Slowenisch beten lassen wollten …“. Auf den Brief gab es keine Antwort. Im Gegenteil, einige Geistliche wurden davor gewarnt auf Slowenisch zu predigen und die Verbannung auf die Insel Asinara angedroht.
Der slowenische Schriftsteller Francè Bevk (1890-1970) veröffentlichte 1980 den Roman mit dem Titel „Kaplan Martin Čedermac“ (Kaplan Martin Čedermac), für den er Fakten und Zeugnisse, insbesondere von Don Antonio Cuffolo, gesammelt und die Orte besucht hatte. Der Roman stieß auf ein breites Echo unter den Slowenen und Kaplan Čedermac, Kämpfer für das Recht auf die eigene Sprache, wurde zum Symbol für ihren Widerstand gegen das faschistische Regime.
Zu Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Grenze zum Vorwand, die Einschüchterung von Priestern und Intellektuellen fortzusetzen, die anfingen, Rechte auf eigene Kultur und Sprache für die slowenische Gemeinschaft einzufordern.
Das Spannungsklima in Slavia, im slowenischsprachigen Friaul, wurde durch geheime Organisationen, die im Territorium massiv präsent waren, geschürt. Ehemalige faschistische Milizen, Beamte und lokale Verwalter trafen dort aufeinander. Es handelte sich dabei um den Behörden bekannte und von ihnen anerkannte paramilitärische Gruppen, die einer Hierarchie unterstellt waren, die über Aktionen, Versammlungen, Ziele und zu observierende Personen entschied.
Don Arturo Blasutto, 1913 in Monteaperta geboren, war eines ihrer Ziele. Nach der Priesterweihe im Jahre 1936, wurde er nach Oseacco di Resia geschickt. Während des Zweiten Weltkriegs bot er seine humanitäre Hilfe an und war auch unter den Partisanen tätig, weshalb auf ihn ein Kopfgeld von 500.000 Lire ausgesetzt wurde. Von seinem Volk beschützt, beschloss er Oseacco zu verlassen und Zuflucht in den Tälern des Natisone zu finden. Als der Krieg zu Ende war und sich die Lage beruhigt hatte, wurde er zum Vikar in Liessa in der Gemeinde Grimacco ernannt. Hier nahm er den slowenischen Dialekt wieder in seine Pastoral auf.
Die in jenen Jahren gewalttätige, von geheimen Organisationen geschürte antislowenische Kampagne hatte insbesondere Don Arturo Blasutto ins Visier genommen – nicht zuletzt wegen der Gerüchte, die aus Resia kamen. Aber er ging seinen Weg gemeinsam mit anderen Priestern der Slavia weiter. Trotz seiner Verteidigung durch den Erzbischof Nogara wurde die Kampagne der Verleumdungen und Anschuldigungen fortgesetzt und fixierte sich auf den Pfarrer von Liessa. Die Vorgesetzten betrauten einen örtlichen Priester mit der Aufgabe, eine Untersuchung über sein Verhalten durchzuführen, die jedoch keine einzige der erhobenen Anschuldigungen bestätigen konnte. Dennoch wurde Don Arturo im Jahre 1955 aus unerklärlichen Gründen seines Amtes enthoben. In einem Schreiben, das dem Erzbischof Zaffonato 1957 von den Priestern der Region geschickt wurde, wird berichtet, dass der Brigadier der Carabinieri von Clodig erklärt hatte: „Wenn Don Blasutto aus Liessa auf Italienisch sprechen würde, gäbe es keine Anklage.“
Am 25. November 1955 kehrte Don Arturo zurück in seine Heimat: Er feierte die Messe in der Pfarrkirche, aber ohne Glocken. Einige Zeit später wurde ihm das Abhalten von Gottesdiensten in der Kirche untersagt. Er gab nicht auf und setzte in Stille und im Gebet seinen Weg des Kreuzes fort. Er starb am 17. September 1994.
Die Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit in Monteaperta.
Unter den Kirchen in der Gemeinde Taipana ist die Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit – Sveta Trojica – aus dem 14. Jahrhundert erwähnenswert. Sie befindet sich außerhalb des Ortes Monteaperta. In früheren Zeiten war die Kirche nach den Heiligen Daniel und Lorenz benannt.
Der ursprüngliche Bau stammt mit Sicherheit aus der Romanik und wurde nach den verschiedenen Erdbeben, insbesondere in den Jahren 1348 und 1511, restauriert.
Bis 1720 war die Kirche nach dem Heiligen Daniel benannt. Seit 1737 trägt sie die heutige Bezeichnung.
Das Gebäude wurde 1798 im Chorbereich und später, im Jahre 1830, durch die Sakristei erweitert, die hinter dem Presbyterium angebaut wurde. Diese Arbeiten veränderten das ursprüngliche Bauwerk aus Romanik und Renaissance und ließen die Kirche im Stil des 18. und 19. Jahrhunderts erscheinen. Hinzu kam 1930 ein Portikus bzw. eine Vorhalle mit einem quadratischen Glockenturm.
Nach diesen Erweiterungen ähnelte der Bau der Wallfahrtskirche Madonna Delle Pianelle in Nimis. Vom alten Bau blieben nur die Mauern des Langhauses erhalten, wie dies einige Spuren belegen.
Im Inneren des Kirchenraums kamen nach dem Erdbeben von 1976 auf den Wänden einige Fragmente von Fresken zum Vorschein. Es konnten vier, verschiedenen Epochen zuordenbare Malschichten freigelegt werden: Eine sehr alte Schicht, von der nur dürftige Spuren unter dem jüngsten Fresko mit der Darstellung des Dreikönigsfestes erhalten sind. Ein Band mit zoomorphen Motiven, wahrscheinlich aus dem 15. Jahrhundert, und eine Schicht jüngeren Datums, auf der Spuren des Lebens Christi erscheinen, aus dem 16. Jahrhundert, die Gianpaolo Thanner zugeschrieben wird, einem Maler, der vorwiegend im Vorgebirge und Hügelland zwischen Tarcento und Manzano arbeitete.
In der zentralen Nische des Altars befindet sich die goldlackierte Holzfigurengruppe aus dem 19. Jahrhundert, die Christus und Gottvater bei der Krönung der Jungfrau Maria darstellt, über ihnen schwebt die Taube des Heiligen Geistes. Darüber der Prophet Daniel, ein Relikt des 1595 in Auftrag gegebenen Holzaltars.
Die Bewohner des Cornappo- und Torre-Tales zeigten immer schon eine besondere Verehrung für dieses Heiligtum. Am Festtag der Heiligen Dreifaltigkeit wird der Ritus des „Kusses der Kreuze“ zelebriert: Jede Gemeinde ist mit ihrem Kreuz vertreten und wird – im Zeichen der Freundschaft und Zusammenarbeit – aufgerufen, sich zu nähern und mit zwei Berührungen zu grüßen, eine auf jeder Seite des Kreuzes von Monteaperta.
Die Fotoausstellungen von Prossenicco.
In zwei ehemaligen Scheunen des Dorfes werden zwei Fotoausstellungen präsentiert, die das Dorf und die Bräuche seiner Bewohner in früheren Zeiten zeigen. Die eine befindet sich am Kirchenplatz von Prossenicco, die andere in einer nahegelegenen Gasse.
Nach der Definition des interessanten Wanderführers „Die letzten Täler“ aus dem Jahr 2010 würde es Prossenicco verdienen, als „nationales Kulturgut“ nominiert zu werden. Nicht, weil es besondere Sehenswürdigkeiten gäbe, sondern wegen seines chaotisch anmutenden Erscheinungsbildes, als Ergebnis einer Architektur, die sich keinen Regeln unterworfen hat!
Für eine kurze Zeit wurde Prossenicco ein Dorf am See. Im Juni 1958 löste sich nach einem heftigen Wolkenbruch ein Fels unter dem Dorf Robedišče/Robediscis. Der Bergsturz versperrte den Lauf des Lerada Baches und bildete so einen bis zu sechs Meter tiefen See. Er wurde nach dem Heiligen des Tages, an dem er entstanden war, der See von San Luigi genannt. Der See hat sich sechs Jahre lang gehalten.
Ende der 1940er Jahre zählte Prossenicco 800 Einwohner. Das in Ortschaften unterteilte Dorf wählte vier Vertreter, die sich jeden Sonntag versammelten, um Probleme zu diskutieren und Entscheidungen über das Leben der Gemeinschaft zu treffen.
Jeder Ortschaft wurden dann Aufgaben zugeteilt: So entschied das Komitee zum Beispiel, wenn sich ein Todesfall ereignete, welcher Ort die für den Leichentransport, das Ausheben des Grabes und die Bestattung benötigte Anzahl von Personen zu stellen hatte.
Zudem gab es auch eine Verpflichtung für alle, den Bedürftigsten zu helfen. So kam es etwa vor, dass Familien, denen es besser ging, Brot backten, das dann an die Familien des Ortes verteilt wurde. Diese mussten in Anerkennung dessen den Rosenkranz für die Seelen der Wohltäterfamilie beten.
Es gab viele Kinder im Dorf und es wurde erzählt, dass, wenn beim Schlag der Ave Maria Glocken nicht alle sofort zu Hause wären, Ta Duja Baba oder Te Duji Mož (die wilde Frau oder der wilde Mann) erscheinen und sie für immer in den Wald mitnehmen würden. Es war Tradition, dass die Kinder zu Neujahr für die koleda von Haus zu Haus gingen: Sie wünschten der Familie ein gutes neues Jahr und erhielten im Gegenzug etwas Obst, Wal- oder Haselnüsse. Man glaubte, wenn ein Bub als erster das Haus betrat, im Laufe des Jahres im Stall der besuchten Familie ein Kalb geboren würde, wäre zuerst ein Mädchen eigetreten, würde hingegen eine Kalbin geboren.
Zu Silvester wurde für gewöhnlich der kušper vorbereitet, ein Strauß aus Lorbeerzweigen, mit Haselnüssen geschmückt, den die Mädchen für ihre Künftigen banden: Die Jungen steckten ihn dann stolz in die Brusttasche ihrer Jacken. Bei dieser Gelegenheit war es auch üblich, eine Nelke in das Knopfloch zu stecken. Zum Dreikönigsfest wurden auf den Feldern große Garben aus den Stielen und Blättern der Maiskolben gebunden, die am Abend am Dorfrand verbrannt wurden. Die Leute sangen dazu und man wünschte sich auf Slowenisch: „Zdrauje še Naprej Penogle, Dejte Moor Moor Dejte!“ (Der Herr gebe uns auch künftig Mais und Gesundheit!).
Während der Osterzeit dekorierten die Mädchen mit farbiger Tinte, die aus Naturprodukten hergestellt wurde, sechs oder zwölf Eier, die sie ihren Auserwählten gaben.
Am Fronleichnamstag wurden kleine Kapellen mit handbestickten Tüchern und Heiligenbildern herausgeputzt. Der ganze Ort war mit Zweigen und Blüten geschmückt. Das Dorf war auch zu Mariä Himmelfahrt (Rožinca) am 15. August mit Blumen verziert: Die Blumen wurden aufbewahrt und bei aufziehendem Schlechtwetter verbrannt, um Gewitter und Stürme abzuwehren. Ein anderer sehr beliebter Feiertag ist das Rosenkranzfest, das am ersten Sonntag im Oktober gefeiert wird, der Tag, an dem auch heute noch die Marienstatue in einer Prozession getragen wird.
Auch Hochzeiten waren für das ganze Dorf ein Grund zum Feiern. Wenn ein junger Mann eine junge Frau aus einem anderen Dorf heiratete, versperrten nach der Hochzeit die Bewohnerinnen aus dem Dorf des Bräutigams mit einer Holzstange den Weg für das Paar. Um weiter feiern zu können, mussten die Brautleute eine Abgabe entrichten, die dazu diente, um auf die neue Familie anzustoßen. Kam der Bräutigam hingegen aus einem anderen Dorf, waren es die jungen Burschen, die eine Abgabe verlangten.
Die Rauchküche.
Auf der Hauptstraße kann ein altes Haus mit Rauchküche besichtigt werden. Maria Miscoria lebte ohne Wasser mit ihren fast 100 Jahren in diesem Haus bis 1990.
Im Inneren ist die Feuerstelle zu sehen, die eine Handbreite über dem Boden ist. Sie befindet sich an der Wand gegenüber dem Eingang und ist an allen vier Seiten von Steinblöcken begrenzt.
Über dem Herd hängt eine starke Kette von der Decke, an deren Ende sich ein Haken befindet, an dem der Kochtopf aufgehängt wurde. Es gab keine Kamine: der Rauch zog durch die Tür, die im oberen Teil eingeschnitten war, nach draußen.
Diese alten Häuser bestanden meist aus einem einzigen Raum, in dem sich die Feuerstelle befand. Gab es auf dem Dachboden nicht genügend Betten für die ganze Familie, mussten einige Familienmitglieder in den Ställen und Scheunen schlafen, die einzigen warmen Orte während der langen Winternächte.